08 Jan. Mouches Volants
Seit ein paar Jahren hab ich schwarze Flecken im Sichtfeld. Als ich es das erste Mal festgestellt habe, dachte ich ich hätte irgendeinen Mangel und müsste nur die richtigen Tabletten schlucken und dann würde das sicher wieder vergehen. Meine Augenärztin hat sich das genau angesehen und gemeint:
„Das ist nicht schlimm. Das sind Lufteinschlüsse im Gelkörper des Auges. Das haben viele Menschen. Mit der Zeit blendet das Gehirn diese schwarzen Flecken einfach aus. Sie dürfen nicht zu viel dran denken.“
Das war als würde man jemandem sagen er darf nicht an einen rosaroten Elefanten denken. Ist doch so oder? Du hast jetzt sicher das richtige Bild im Kopf.
Nach einigen Monaten in denen sich gar nichts verändert und wenn eher verschlimmert hatte, ging ich zu einer anderen Augenärztin. Und die sagte mir: das selbe. Ich hab ein wenig verzweifelt und es kann sogar sein, dass ich die eine oder andere Träne verdrückt habe. Das war auch wirklich nicht witzig. Mein Gehirn war offensichtlich zu dumm um diese Flecken auszublenden und ich wusste irgendwie dass sich das auch nicht ändern würde.
Mittlerweile habe ich meine Flecken wie gesagt seit ein paar Jahren. Ich war noch bei anderen Ärzten. Ich schau regelmäßig ins Grüne oder zumindest auf Grün, weil das die Augen angeblich beruhigt. Doch die Flecken sind geblieben. Manchmal nehme ich sie fast gar nicht wahr. Einmal waren sie für ein paar Tage sogar ganz weg. Das war bei einer wunderbaren Solo-Reise auf die Malediven. Aber langfristig sind die Malediven wohl auch keine sinnvolle Lösung. An anderen Tagen sind sie furchtbar störend. Vor allem jetzt im Winter. Wenn es nebelig ist, oder Schnee liegt. Grelle weiße Wände haben manchmal den gleichen Effekt.
Und natürlich ist es davon abhängig wie ich mich fühle. Bin ich entspannt und geht es mir gut, nehm ich sie viel weniger stark war wie in Stresssituationen.
Heute beim Laufen sind sie mir auch wieder bewusst geworden. Ich musste daran denken, wie ich erst vor kurzem einem Bekannten davon erzählt hatte, und wieder mal gesagt hatte, dass mein Gehirn offensichtlich zu blöd dafür ist, die Flecken auszublenden. In den letzten Jahren habe ich das oft gesagt. Es ist lustig gemeint. Um das Ganze nicht so groß wirken zu lassen, wenn ich es erzähle. Damit es nicht so als Jammern oder sein Leid klagen rüberkommt. Schließlich ist es ja nichts Schlimmes.
Als ich heute an die Situation dachte und an die vielen ähnlichen davor, wurde mir plötzlich bewusst, wie falsch das ist. Erstens ist es schlimm. Für mich persönlich stellt es immer wieder eine große Belastung dar. Manchmal hab ich das Gefühl es sind mehr Flecken als Weißraum dazwischen und ich muss meine Arbeit abbrechen.
Es ist auch okay darüber zu reden. Weil es ein Teil von mir ist. Ich will ja kein Mitleid dafür.
Und drittens und das war der wirkliche Knackpunkt: Mein Gehirn ist nicht blöd. Im Gegenteil. Mein Gehirn ist ein Wunderwerk. Es ist großartig.
Erst gestern wieder, im Zuge eines Jahreswechsel-Coachings, kam das Statement: Das Leben ist für mich. Ich darf in das Leben vertrauen. Und ich darf in allem was ist, ein Geschenk erkennen.
Was also wenn meine Flecken gar keine Strafe oder Belastung sind. Sondern ein Geschenk. Was könnte das sein?
Vielleicht sollte ich noch genauer auf meine blinden Flecken schauen? Noch mehr Klarheit in mein Leben bringen.
Oder vielleicht ist es noch viel einfacher. Vielleicht muss ich noch viel mehr annehmen was da ist. Und mich als Ganzes lieben. Also auch mit meinen schwarzen Flecken.
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